Wasserstofferzeugung

Aufbau einer völlig neuen Industrie

Von Christin Hohmeier · 2025

Für die Erzeugung und Vermarktung von Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, braucht die Wirtschaft eine langjährige Zuverlässigkeit. Diese muss die Politik durch gesetzlich verankerte marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen. Doch in Politik und Industrie ist Wasserstoff immer wieder umstritten.

Eine weißer Wasserstoffspeicher mit Windrädern im Hintergrund.
Wasserstoff speichert sauberen Strom aus Wind und Sonne. Foto: iStock / audioundwerbung

Windanlagen und Solarpanels liefern den Strom, den die Energieunternehmen für die Produktion von Wasserstoff nutzen. Dieser soll die Energieversorgung der deutschen Wirtschaft sicherstellen. Er wird durch Pipelines, mit Schiffen, auf Lkws von den Produktionsorten zu den Verbrauchern transportiert – in Industrie, Verkehr, Logistik, Schifffahrt. Es ist offensichtlich, Europa erlebt die Geburt einer neuen Industrie.

Der Rahmen für dieses Vorhaben ist gesetzt – im Bundes-Klimaschutzgesetz heißt es, Deutschland werde seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2045 so weit gemindert haben, dass die sogenannte Netto-Treibhausgasneutralität erreicht wird. Dies steht im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und ist kaum mehr neu verhandelbar.

Somit ist bei der jährlichen Emissionsminderung größere Eile geboten. Bislang lag die durchschnittliche Minderung bei rund 15 Millionen Tonnen jährlich. Bis zum Jahr 2030 ist dagegen eine Verringerung von Jahr für Jahr bis zu 41 Millionen Tonnen erforderlich. Mit einer Verdreifachung der jetzigen Geschwindigkeit könnten die Klimaziele pünktlich erreicht werden. 

Wasserstofferzeugung: Höhere Energieeffizienz, weniger Emissionen

Expertinnen und Experten verlangen parallel dazu eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz. Damit im Zusammenhang steht der verstärkte und beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien. Und für dieses Ziel, so die Argumentation, ist die Versorgung Deutschlands mit ausreichend Wasserstoff unabdingbar. Dieser Wasserstoff wird eine wichtige Rolle übernehmen, um klimaneutralen Strom zu speichern und zu transportieren und letzten Endes die Dekarbonisierung der Nation zu ermöglichen. Denn Wasserstoff wird insbesondere in den Wirtschaftssektoren genutzt, in denen es nicht möglich oder kaum wirtschaftlich ist, Verfahren und Prozesse durch eine direkte Elektrifizierung auf Treibhausgasneutralität umzustellen. Dies ist der Hintergrund, vor dem sich die bisherige Bundesregierung dafür aussprach, den Markthochlauf bis 2030 erheblich zu beschleunigen. Dazu sollte dem Vorhaben im Anwendungsbereich des wenig bekannten Wasserstoffbeschleunigungsgesetzes grundsätzlich ein überragendes öffentliches Interesse zuerkannt werden – etwa indem die Bundesregierung diesem Vorhaben die Wahrung der öffentlichen Sicherheit zusprach. Nun ist fraglich, ob eine neue Bundesregierung die Umstellung mit dieser Entschiedenheit weiter vorantreibt. Denn es gibt Kritik an dem Vorhaben.

Diskussionen – Erdgas versus Wasserstoff

Das heutige Pipelinenetz wird seit mehr als 100 Jahren betrieben und wurde seit damals immer weiter und breiter ausgebaut. Es erfüllt seinen Zweck, unterstreichen die Kritiker des Industrieumbaus, und sollte nicht für den Wasserstoff aufgegeben werden. Ein weiterer Punkt gegen den Wasserstoff ist, dass im Vergleich zu Erdgas der Preis zu hoch ist. Erdgas ist immer ausreichend vorhanden, denn Deutschland hat ein verlässliches Netz an Lieferanten. Wasserstoff muss dagegen erst hergestellt werden. Er kann nur dann zu einem konkurrenzfähigen Preis angeboten werden, wenn Staat und Unternehmen massiv investieren und sehr viele Produktionsanlagen für Wasserstoff aus dem Boden stampfen. Hinzu kommt, dass der Grundstoff Wasser keine unbegrenzte Ressource ist. Hier könnte die Produktion auf dem Meer in der Nähe der Offshore-Windanlagen eine praktikable Lösung sein. Zusätzlich kann die Flankierung der Wasserstoffindustrie mit gesetzlichen Maßnahmen Geschäftsmodelle und Wertschöpfung der Produzenten sichern.

Aufstieg oder Fall mit grünem Stahl

Viele und laute Diskussionen gibt es um „grünen Stahl“. Der zukünftige emissionsarme und mit Wasserstoff als Energielieferant hergestellte Stahl untermauert die Vorstellung, dass emissionsarme Energien eine Industrie befeuern können, die traditionell mit Emissionen und Umweltverschmutzung verbunden wird. Und damit steht grüner Stahl für Erfolg oder Misserfolg des Wasserstoffs in der Industrie. 

Hauptargument gegen die Umstellung der Schwerindustrie ist die bislang schlechte Verfügbarkeit des Wasserstoffs, der damit verbundene hohe Energiepreis und die im Vergleich zum Weltmarkt zu teure Produktion. Grüner Stahl sei nicht wettbewerbsfähig, heißt es. Die Befürworter wenden ein, dass der Umbau der Industrie bereits zu weit vorangeschritten ist. Wer jetzt noch umkehren will, vernichtet Milliarden Euro und Zehntausende Arbeitsplätze und gefährdet den Standort Deutschland, seine Innovationen und damit dessen Zukunft.

Eine Grafik zum Thema: Wasserstoffbedarf in Deutschland steigt massiv an in Terawattstunden
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