Stromtrassen-Ausbau

Der Druck steigt

Von Jens Bartels · 2018

Der Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in Deutschland hat neue Höchststände erreicht. Damit das Stromnetz reibungslos funktioniert, muss der Ausbau der Stromautobahn von Nord nach Süd schneller vorangehen. Weitere Herausforderungen der Netzwirtschaft betreffen die Verteilnetze oder die Weiterentwicklung der europäischen Energieunion.

Strommasten. Der Stromtrassen-Ausbau wird in Deutschland vorangetrieben

Riesige Stromautobahnen durchziehen in wenigen Jahren die Republik. Auf ihnen rast die elektrische Energie, die im Norden und Osten sowie auf hoher See schon heute im Übermaß aus der Windkraft entsteht, in den Westen und den industriereichen Süden Deutschlands. Nur so, da sind sich die Experten einig, könne die Energiewende gelingen. „Damit der Strom aus Erneuerbaren umfänglich genutzt werden kann, müssen wir jedoch den Ausbau der Nord-Süd-Leitungen mit Hochdruck vorantreiben“, erklärt Stefan Kapferer, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft. „Der Netzausbau muss mit dem Erneuerbaren-Ausbau eng verzahnt werden.“

Langsamer Stromtrassen-Ausbau 

Doch der Ausbau des Stromnetzes lahmt. Es sind vor allem die Bürger, die die riesigen Hochspannungsmasten fürchten und gegen die Stromtrassen vorgehen. Die Entscheidung, große Teile dieser Leitungen nun unterirdisch zu verlegen, macht das gesamte Projekt teurer und verlängert die Bauzeit.

Quelle: Bitkom; Fraunhofer ISI, 2016

So sind von den insgesamt 7.700 geplanten Leitungskilometern nach dem dritten Quartal 2017 erst 900 Kilometer gebaut worden. Die Bauleistung von Anfang Juli bis Ende September 2017 belief sich beispielsweise auf lediglich 38 Kilometer. Zu den Gründen für den schleppenden Ausbau zählen die sehr sorgfältige Planung und Prüfung der Strecken, unterschiedliche Einwände von Bürgerinitiativen oder die Furcht von Landwirten vor einer sinkenden Qualität ihres Ackerlandes. In diesem Zusammenhang fordert etwa der Bauernverband wiederkehrende Entschädigungen.

Noteingriffe nehmen zu 

Eine der unmittelbaren Folgen der fehlenden Leitungen ist der Anstieg der Eingriffe in das Stromnetz. Der große Stromnetzbetreiber Tennet etwa beziffert seine Zahlungen für diese sogenannten Noteingriffe auf fast eine Milliarde Euro im Jahr 2017.

Erst 990 der 7.700 geplanten Leitungskilometer wurden bis zum 3. Quartal 2017 gebaut.

Eine weitere Herausforderung der Netzwirtschaft bei der Verzahnung Erneuerbarer Energien betrifft die örtlichen Verteilnetze. Auf der Ebene der Verteilernetze wird der Strom in Hoch-, Mittel- und Niederspannung übertragen. Die Netze mit niedrigeren Spannungsebenen dienen der Verteilung des Stroms an die Endverbraucher, in diesem Bereich ist eine Vielzahl von regionalen und kommunalen Netzbetreibern tätig. Hier sehen Fachleute einen erheblichen Investitionsbedarf, denn Energiewende und Digitalisierung kann überhaupt nur mit intelligenten Verteilnetzen gelingen. Im Zuge des Ausbaus dieser Verteilnetze rücken zugleich ganz neue Fragestellungen in den Vordergrund. Die Bandbreite der Aufgaben in den nächsten Jahren reicht hier von der Schaffung regionaler und smarter Märkte bis zur Weiterentwicklung der Rolle der verschiedenen Akteure in der Energiewirtschaft. 

Frage nach Offshore-Projekten

Auch andere Themen der Zukunft beschäftigen die Netzwirtschaft schon heute. So wird diskutiert, ob nach der Fertigstellung der Nord-Süd-Stromautobahn der Ausbau von Anlagen für den Offshore-Wind vorangetrieben werden sollen. Große Offshore-Projekte dürften beispielsweise den Bedarf an Netzmanagement weiter erhöhen. Diskussionen liefert auch die Verwirklichung der europäischen Energieunion. Hier geht er unter anderem um die Frage, wie sich erneuerbare Energiequellen grenz­überschreitend einbinden lassen. Dafür wird nicht zuletzt ein schneller Ausbau der Stromautobahnen in Deutschland benötigt.

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